Warnung vor den Eisbären auf Spitzbergen

Gefährliche Begegnungen mit Touristen

Durch das Anwachsen der Eisbärenpopulation auf dem Svalbard-Archipel (Spitzbergen) von rund 500 Exemplaren auf gegenwärtig über 2.000 kommt es in den Sommermonaten immer wieder zu gefährlichen Zusammenstößen mit Touristen. Die Nachricht, die kurz und knapp vor einigen Jahren durch die gesamte Weltpresse ging: Ein Tourist auf Spitzbergen-Tour wurde am Strand der Insel Kiepertueya von einem Eisbären überrascht und erlag den schweren Verletzungen, die ihm das Tier zufügte. Hinter dieser Meldung verbirgt sich ein Drama, das erst jetzt in vollem Umfang bekannt wurde.

Eine Gruppe Touristen- darunter Naturfotografen aus Norwegen und Schweden- war Ende August einige Tage mit einem unter schwedischer Flagge fahrenden Schiff in Spitzbergens Inselwelt unterwegs. Ein kleiner Teil der Gruppe beschäftigte sich am Unglückstag an der Küste von Kiepertueya damit, Landschaft und Seevögel zu fotografieren. Plötzlich richtete sich hinter einem Felsen ein mächtiger Eisbär auf. Er sah sich nur kurz um und lief dann direkt auf die Touristen zu. Einige versuchten sofort das rettende Schiff zu erreichen.

Der norwegische Seemann, Helmer C.., ein Mann von etwa 65 Jahren, ein sehr guter Spitzbergenkenner, der auf dem Schiff die Funktion des „Eislotsen“ ausübte und bei diesem Landgang für die Sicherheit der Touristen verantwortlich war, schoß mehrmals mit einer Leuchtpistole in Richtung des herannahenden Eisbären. Der aber ließ sich durch die abgefeuerte Signal-und Leuchtmunition nicht aufhalten. Der Eisbär erreichte schnell den Rest der Touristengruppe und fiel über Helmer C. her. Der Norweger konnte im letzten Moment noch 2-3 Schüsse aus einer kleinkalibrigen Pistole auf den Bären abgeben, bevor dieser ihn mit gewaltigen Prankenhieben und Bissen tötete.

Der Tragödie letzter Teil: Der Eisbär griff noch einen anderen Mann an , einen schwedischen Arzt, der die auf den Boden gefallene Pistole an sich nahm und das Magazin auf den Eisbären leer schoß. Das Tier fügte dem Arzt schwere Gesichtsverletzungen zu und biß ihm ein Ohr ab (das aber im Krankenhaus von Longyearbyen erfolgreich wieder angenäht wurde).

Verunsichert durch den großen Lärm, den die anderen Touristen vom sicheren Schiff aus machten, zog sich der Bär zurück. Einige Tage später wurde er von Spitzbergens “Eisbären-Polizei“ aufgespürt und erschossen.

Dieses schreckliche Vorkommnis ist kein Einzelfall. Erst einige Wochen vor dem geschilderten Vorfall war eine Norwegerin in der Nähe von Longyearbyen von einem Eisbären getötet worden.

Bereits in den 80er Jahren verletzte ein riesiger Bär zwei niederländische Forscher schwer und tötete einen österreichischen Camper am Magdalena-Fjord.

Die Lehre aus dem jüngsten tragischen Zwischenfall:

Wer auf Spitzbergen in das Reich des Eisbären eindringt, halte sich unbedingt an die vom norwegischen Außenministerium in einem Mitteilungsblatt herausgegebene Warnung vor Eisbären, die da lautet: Eisbären halten sich während der Sommermonate hauptsächlich in den östlichen und nördlichen Gebieten Spitzbergens auf. Man kann jedoch auch im Sommer an der Westküste auf herumstreifende Eisbären stoßen.

Diese Eisbären sind in den meisten Fällen sehr hungrig und können lebensgefährlich sein.

Deshalb: Halten Sie Abstand! Nehmen Sie eine großkalibrige Waffe mit, wenn Sie in das Reich des Eisbären eindringen!

Und beachten Sie unbedingt folgende Regeln:

  1. Versuchen Sie auf keinen Fall Eisbären mit Futter heranzulocken. Füttern Sie niemals Bären vom Boot aus oder aus dem Fenster Ihrer Unterkunft. Der Bär greift ohne Vorwarnung an !
  2. Lagern Sie Abfall in einer Entfernung von mindestens 100 Metern, am besten in gerader Linie vor der Zelt-oder Türöffnung, damit Sie den Besuch eines Eisbären rechtzeitig entdecken !

Eisbären stehen ausnahmslos unter Naturschutz. Sollte es in Notwehr trotzdem erforderlich sein, den Bären zu erschießen, dann zielen Sie nicht auf den Kopf- das führt leicht zu einem Fehlschuß. Zielen Sie auf Schulter und Brust. Sollte der erste Schuß nicht tödlich sein, gewinnen Sie Zeit genug, ein zweites Mal zu schießen. Ein erlegter Bär muß der Behörde gemeldet werden. Über jedes Erlegen, auch über dasjenige in Notwehr, werden vom „Sysselmann“ Ermittlungen angestellt. Naturfotografen, die bei einem Eisbärenangriff in Notwehr handeln, werden sehr schnell merken, daß ihre Schüsse, auch wenn sie mit noch so hoher Motorleistung abgegeben werden, keine ausreichende Durchschlagskraft besitzen. Der Eisbär wird ihnen blitzschnell den Film aus der Kamera herausholen und sogleich feststellen, ob dieser richtig belichtet wurde. Doch Spaß beiseite!
Meine Meinung: Auch Naturfotografen, die entlegene arktische Gegenden auf Spitzbergen erkunden, sollten sich an die Vorschriften halten und zum persönlichen Schutz ein Gewehr oder eine großkalibrige Pistole mitführen. Bei einer Gruppe von Naturfotografen dürfte es in dieser Beziehung kaum Probleme geben, denn meistens findet sich ein Teilnehmer, der die Aufgaben des Bewachers übernimmt und von vornherein auf ein „Siegerfoto“ vom König der Arktis verzichtet. Naturfotografen, die sich über einen Zeitraum von bis zu drei Monaten auf Spitzbergen aufhalten wollen, können bei der Einreise Schußwaffen und Munition zum persönlichen Gebrauch einführen. Die im entsprechenden Heimatland für Person und Waffe ausgestellten Erlaubnisscheine müssen bei der Kontrolle auf Spitzbergen vorgelegt werden.

J.S.

© Jürgen Schiersmann

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